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ZUHÖREN, eine mutige Fähigkeit

Das Wort Zuhören hat für mich eine besondere Bedeutung. Dies sind einige meiner Gedanken zu diesem Thema: Lesezeit ca. 7 min.

Für mich ist Zuhören eine Fähigkeit. Eine Fähigkeit die ihrerseits wiederum aus weiteren Fähigkeiten besteht.

Welche Fähigkeiten brauchen wir um richtig zuhören zu können?

Die erste Fähigkeit, welche mir spannenderweise dazu einfällt ist MUT. Ja, man muss sich auch erst einmal trauen einander zu zuhören.

Es ist viel weniger bedrohlich, wenn wir jemandem nur halbherzig mit einem Ohr zuhören um ihm dann einfach mit einem kurzen „Ja, ja…“ abzufertigen.

Wir sind dann fein raus. Denn mit einem lapidarem „Ja, ja.“ umgehen wir die Verantwortung überhaupt genau hingehört zu haben und ebenso der Verantwortung unser Wort überhaupt einhalten zu müssen.

Weshalb wird MUT beim Zuhören noch gebraucht?

Wie oft rutschen wir mit unserer alltäglichen Kommunikation in den Vorwurfsmodus? „Ich wusste es, du hast den Müll schon wieder nicht rausgebracht!“„Wieso muss ich das immer machen?“, usw. Nicht nur mit unseren Mitmenschen tauschen wir eifrig Vorwürfe aus, sondern auch mehr als uns oft bewusst ist, mit uns selbst. Da gibt es diesen ständigen Dialog in unseren Köpfen.

Der einfachste Weg einem Vorwurfsmodus unbeschadet davon zu kommen ist der, direkt nachzufragen was man selbst oder was der andere damit eigentlich meint.

Wenn ein Mensch einem anderen einen Vorwurf macht, dann liegt dem meist ein Bedürfnis zu Grunde. Um auf das o.g. Beispiel mit dem Müll zurückzukommen. Nach dem Vorwurf: „Immer muss ich das machen.“ könnten folgende Fragen diese Person aus ihrem Vorwurfsmodus herausholen: „Was fehlt dir?“ – „Was brauchst du wirklich?“

Das setzt allerdings voraus, dass man mutig genug ist :+)

Denn meist nehmen wir einen Vorwurf als einen Angriff wahr und gehen dann automatisch in einen Verteidigungs-Modus. Seinen Abwehrmechanismus kurz fallen zu lassen, um zu zuhören, ja, das finde ich mutig!

Während unsere Ohren uns mit der Wahrnehmung der akustischen Reize unter die Arme greifen, nehmen wir eine große Portion der Kommunikation auch über unser Bauchgefühl wahr.

Der erste Eindruck einer Person zum Beispiel.

Wenn unser Bauchgefühl anspringt in Situationen und bei Geschehnissen, wägt es schneller ab als unser Kopf das je könnte: Gefahr oder keine Gefahr. Wie oft hat unser Bauchgefühl uns schon weit im Vorfeld verraten ob wir einer Person vertrauen können oder misstrauen sollten? …nur wie oft hat unser Kopf dem Bauch das auch schon mal wieder ausgeredet ;+)?

Ja, dem eigenem Bauchgefühl zuzuhören braucht gespitzte, innere Ohren, Vertrauen uns selbst gegenüber. Und das braucht MUT.

Und wenn wir unser Herz beim Zuhören mit schwingen lassen, dann besitzen wir auch die Fähigkeit einer Kommunikation mehr Raum zu geben.

Unser Herz mag es berührt zu werden und gleichzeitig mag es Raum haben, sich zeigen zu können :+) Das gilt auch für die Gespräche mit uns selbst in unseren Köpfen.

Neben der Fähigkeit MUT, braucht Zuhören auch die Fähigkeit RAUM zu geben.

Was nimmt dem Zuhörer überhaupt den so benötigten Raum?

Die Flüchtigkeit, die Ungeduld, der Vorwurf, das Vorurteil, fehlendes Interesse und der fehlende Mut.

  • In der Flüchtigkeit können wir nicht ganz Ohr sein. Das Zeitfenster des Zuhörers ist viel kleiner als das Zeitfenster dessen was gesagt werden möchte.
  • Die Ungeduld: „Nun sagt schon… los!“, „Lass mich nicht warten!“, „Ich habe keine Zeit dafür…“ erzeugt bei einem Gegenüber Druck und Enge. Der Raum für Mitteilungen verengt sich in unheimlicher Geschwindigkeit zu allen Seiten. Dazu fällt mir spontan die Szene in der Mülldeponie-Presse ein aus dem Star Wars Film. Die Seitenwende schoben sich langsam immer weiter zusammen, da wurde es den Filmhelden ganz schön mulmig zu mute.
  • Wenn wir Jemandem etwas vorwerfen, so werfen wir ihm/ihr eine bereits getroffene Schlussfolgerung zu. „ So ist das. Hab ich es doch gewusst. Wahr ja klar, dass…“ Im übertragendem Sinne heißt es, wir stellen ihm/ihr damit nur einen von uns vordefinierten Raum zur Verfügung.
  • Das Vorurteil verhält sich sogar noch verzwickter als der Vorwurf. Ein Vorurteil ist ein festgesetzter Filter vor unserer eigenen Wahrnehmung. Entweder: “Alles kann und wird gegen dich verwendet”, wenn dein Zuhörer die Schuld bei dir finden möchte oder: “Du kannst keiner Fliege etwas zu Leide tun”, da der Zuhörer durch eine rosarote Brille schaut. Bei einem Vorurteil ist es also völlig irrelevant was du sagst, jedes Wort wird durch einen vorgesetzten Filter gepresst. Raum bleibt dabei kaum.
  • Wir öffnen einen Raum zum Zuhören, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf jemanden richten. Bei fehlendem Interesse schweift unsere Aufmerksamkeit immer wieder ab. Der Raum ist da…ne, upps, jetzt ist es wieder weg,…da ist es ja wieder, oh,…. doch langweilig… Und schon wieder weg, aber gleich, ne doch nicht…schwupps ist es wieder weg.
  • Ja, wir brauchen Mut zuzuhören. Wenn wir mutig sind, legen wir gezielt unseren Abwehrmechanismus ab. Mit Mut sind wir erst offen, auch für Kritik. Mut gibt uns die Gelassenheit uns auch mal vom Gegenteil unserer vorgefertigten Meinungen überraschen zu lassen.

Mit Mut trauen wir uns auch mal zu sagen, wenn uns etwas nicht interessiert ;+) Mit Mut trauen wir uns auch ein Gespräch in eine Richtung zu lenken, welches uns stattdessen sehr interessieren würde.

Mut lenkt unsere Aufmerksamkeit und öffnet Räume.

Was nimmt und was gibt jemand der wahrhaftig zuhört?

Er nimmt sich Zeit, er schenkt dir seine Aufmerksamkeit, er gibt dir Raum, er vertraut mehr auf sein Bauchgefühl statt seiner vorgefertigten Meinung, er hinterfragt das Gesagte um das tatsächlich von dir Gemeinte zu hören.

 

 

Text von Meike Böhm, Kontemplation über das Thema “Zuhören”, 11.03.2022

 

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